Die Suche nach erdähnlichen Planeten hat einen bedeutenden Fortschritt gemacht: Eine neue Studie des CARMENES-Projekts unter Federführung der Landessternwarte Königstuhl (LSW) zeigt, dass sehr massearme Sterne mit weniger als einem Sechstel der Masse unserer Sonne besonders häufig erdähnliche Planeten beherbergen. Im Durchschnitt sind es sogar zwei pro Stern. Dies könnte die Chancen, in unserer kosmischen Nachbarschaft potenziell lebensfreundliche Welten zu finden, sehr deutlich erhöhen. Die Ergebnisse wurden jetzt im Wissenschaftsjournal Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.
Was ist CARMENES?
CARMENES ist ein hochauflösendes Spektrographen-System, das am Calar-Alto-Observatorium in Spanien installiert ist. Es wurde unter Leitung der Landessternwarte Königstuhl entwickelt und gebaut, um Exoplaneten um sogenannte M-Zwerge zu entdecken. M-Zwerge sind die häufigsten Sterne in unserer Galaxie und haben eine Masse von weniger als einem Zehntel bis etwa der Hälfte der Masse unserer Sonne. Durch die Beobachtung winziger periodischer Bewegungen dieser Sterne, verursacht durch die Gravitationsanziehung umlaufender Planeten, können Forscher neue Welten aufspüren.
Neue Erkenntnisse über Planetenvorkommen
In der aktuellen Studie wählten die Wissenschaftler gezielt 15 Sterne aus einem Katalog von insgesamt 2200 M-Zwerge des CARMENES-Programms aus und analysierten deren Radialgeschwindigkeitsdaten. Dabei entdeckten sie vier neue Planeten um drei Sterne: G 268-110 b, G 261-6 b sowie G 192-15 b und c. Die drei "b"-Planeten haben Massen zwischen 1,03 und 1,52 Erdmassen und Umlaufzeiten von 1,43 bis 5,45 Tagen. G 192-15 c hingegen ist ein größerer Planet mit etwa 14,3 Erdmassen und einer Umlaufzeit von rund 3,3 Jahren. Dr. Adrian Kaminski von der Landessternwarte Königstuhl, die zum Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH) gehört, ist der Leiter der Studie und von den Ergebnissen begeistert: "Es ist wirklich absolut bemerkenswert, wie häufig kleine Planeten bei sehr massearmen Sternen vorkommen". Der Wissenschaftler und seine KollegInnen konnten durch eine raffinierte statistische Analyse zeigen, dass Sterne mit weniger als 0,16 Sonnenmassen im Durchschnitt etwa zwei Planeten mit weniger als drei Erdmassen besitzen. Größere Planeten sind hingegen seltener. Dies deutet darauf hin, dass kleinere Sterne bevorzugt kleinere Planeten in engen Umlaufbahnen bilden.
Implikationen für die Suche nach Leben
Wir kennen im Moment rund 5000 Planeten in anderen Sonnensystemen. Keiner davon ist aber ein echter „Zwilling“ der Erde in Bezug auf ihre Masse, ihren Radius, ihre Oberflächentemperatur und den Typ ihres Muttersterns. Die neu entdeckten Planeten genügen aber zumindest den ersten drei Kriterien. Prof. Andreas Quirrenbach, Direktor der Landessternwarte und Experte für die Suche nach Exoplaneten hält die neuen Ergebnisse für vielversprechend für die Suche nach Leben außerhalb unseres Sonnensystems. "Kleine, felsige Planeten in der sogenannten habitablen Zone – dem Bereich um einen Stern, in dem Wasser flüssig existieren könnte – sind potenzielle Kandidaten für bewohnbare Welten. Da M-Zwerge sehr häufig sind und ihre Energie über Milliarden Jahre konstant in den Weltraum abstrahlen, könnten sie stabile Umgebungen für die Entwicklung von Leben bieten," resümiert der Astronom. Allerdings gibt es auch mögliche Hindernisse. So sind M-Zwerge häufig sehr aktive Sterne und können z.B. durch "Sonnenstürme" die Atmosphären umliegender Planeten beeinflussen, weitaus stärker, als dies bei unserer Sonne der Fall ist. Dies könnte gravierende Konsequenzen haben, weil möglicherweise die Atmosphäre sehr schnell „verdampft“. Ob das der Fall ist wird aktuell durch Beobachtungen mit den James Webb- und Hubble-Weltraumteleskopen untersucht.
Die neuen Erkenntnisse liefern insgesamt jedoch wertvolle Hinweise darauf, wo die Suche nach lebensfreundliche Planeten oder die Suche nach Leben an sich am erfolgversprechendsten sein könnte.
Fazit
Die neue CARMENES-Studie liefert entscheidende Daten über die Häufigkeit erdähnlicher Planeten um massearme Sterne. Die Entdeckung, dass solche Planeten bei späten M-Zwergen besonders häufig sind, eröffnet neue Perspektiven für die Astrobiologie und die Suche nach außerirdischem Leben. Zukünftige Missionen könnten sich verstärkt auf diese Sterne konzentrieren, um die Geheimnisse des Universums weiter zu entschlüsseln.
ORIGINALVERÖFFENTLICHUNG
The CARMENES search for exoplanets around M dwarfs. Occurrence rates of Earth-like planets around very low-mass stars
https://www.aanda.org/articles/aa/full_html/2025/04/aa53381-24/aa53381-24.html
ERGÄNZENDE INFORMATIONEN
Homepage des CARMENES-Konsortiums
Landessternwarte Königstuhl celebrates success of the CARMENES project
CARMENES succeeds in detecting habitable exoplanet
CARMENES helped in finding exoplanet proxy atmosphere
CARMENES contributes to confirmation of earth-size planet
WISSENSCHAFTLICHER KONTAKT
Dr. Adrian Kaminski
Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH)
Landessternwarte Königstuhl (LSW)
akaminsk@lsw.uni-heidelberg.de
KONTAKT FÜR DIE MEDIEN
Dr. Guido Thimm
Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH)
thimm@uni-heidelberg.de